Offener Brief

Forderung nach einer Quote für Ostdeutsche in Entscheidungspositionen in der Film- und Fernsehbranche

Nach vierunddreißig Jahren deutscher Einheit ist dieses Land leider noch immer gespalten. Drei Wahlen jüngst in ostdeutschen Bundesländern belegen dies auf erschreckende Weise.

Der Anteil von Ostdeutschen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland beträgt mehr als 20%. Der Anteil Ostdeutscher in Entscheidungspositionen in der Medienbranche liegt erschreckend weit darunter, es sind, das belegen Studien, nur ca. sieben Prozent. Eine Angleichung blieb bisher leider aus. Es handelt sich hier ganz klar um eine strukturelle Benachteiligung.

Das weitgehende Fehlen ostdeutsch geprägter Erzählperspektiven in fiktionalen Formaten führt zu einer verzerrten und oft stigmatisierenden Darstellung ostdeutscher Lebensrealitäten.

Positionen, in denen man gestalten kann, werden meist innerhalb bestehender Netzwerke vergeben. Als zu spät Dazugekommene haben Ostdeutsche dabei meist das Nachsehen – ein Problem, das sich ausgewachsen und eine gesellschaftliche Dimension gewonnen hat. Diese Benachteiligung, ja zum Teil Ausgrenzung, hat in den letzten Jahren sogar zugenommen. Es gibt mittlerweile mehrere Generationen Ostdeutscher, die nicht das Privileg der signifikanten Vernetzung haben. Dieser Umstand wird inzwischen besonders von Menschen in den Dreißigern reflektiert und kritisiert. Sie haben ihre Karriere vor sich und thematisieren ihre Identität als Ostdeutsche.

Wir können und wollen den beschriebenen Zustand nicht hinnehmen. Es braucht dringend deutliche und nachhaltige Änderungen. Aus Sorge um das gefährdete Gesamtwohl unserer demokratisch verfassten Gesellschaft fordern wir:

  1. Eine Quote für Ostdeutsche, entsprechend dem Bevölkerungsanteil, in Entscheidungs­positionen in der Film- und Fernsehbranche. Dies umfasst Redaktionen, Gremien, Intendanzen sowie kreative Schlüssel­positionen.
  2. Einsetzung von Findungskommissionen bei der Besetzung solcher Positionen.
  3. Mehr fiktionale Produktionen, die wirklich im Osten dieses Landes realisiert werden.
  4. Ansprechpartner in großen Strukturen wie bei Sendern, Förderungen, Streamern und Ministerien für die Belange Ostdeutscher.

Uns geht es um den Beginn eines gleichberechtigten Zusammenarbeitens. Warum nicht mit einer Quotenregelung? Wenn sie denn – und das wird sie ganz bestimmt tun – etwas Positives bewirkt. Diese Quote für Ostdeutsche in Entscheidungs­positionen kann ein Schritt sein, dieses Land wirklich zusammenwachsen zu lassen. Ein Schritt für gelebte Demokratie und Miteinander, ein Schritt in Richtung Teilhabe, ein wirklicher Ansatz gegen Spaltung, Bevormundung und Fremdbestimmung.

In Sonntagsreden wird gerne die „Lebensleistung“ Ostdeutscher gewürdigt. Das ist ein Satz, der eher auf eine Beerdigung gehört. Und wissen wirklich alle in unserm Land, dass sowohl West- als auch Ostdeutsche Soli zahlen?

Es geht darum, jetzt aktiv etwas zu verändern, jetzt Ostdeutsche an der Entwicklung dieses Landes mehr und deutlicher teilhaben zu lassen.

Netzwerk Quote-Ost

Den offenen Brief haben unterzeichnet …